Kosten der Erstausbildung als Werbungskosten abziehbar?
Aktuell sind bis zum Abschluss der Erstausbildung Kosten in Höhe von maximal 6.000 € jährlich als Sonderausgaben abziehbar. Hat der Steuerpflichtige jedoch in dem Zeitraum, wo die Erstausbildungskosten anfallen, keine weiteren Einkünfte, wirkt sich der Sonderausgabenabzug steuerlich nicht aus. Lediglich bei Berücksichtigung dieser Kosten als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben können die Kosten mit späteren Einkünften verrechnet werden. Zur Zeit gilt nur für Ausbildungen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert werden, wie z.B. Berufsakademien, duale Studiengänge oder das Studium bei der Bundeswehr der unbegrenzte Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug.
Kosten für eine Zweitausbildung sind jedoch als Werbungskosten abziehbar, und zwar in voller Höhe.
Aktuell
Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich zur Zeit mit der Frage, ob auch die Kosten einer Erstausbildung als Werbungskosten absetzbar sind. So hat der 6. Senat des Bundesfinanzhofs in zwei Beschlüssen (Az. VI R 2/12 und VI R 8/12) dem höchsten deutschen Gericht die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
Nach Auffassung des Senats sind Aufwendungen für die Ausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, da sie als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst sind. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs durch den Gesetzgeber verstoße gegen das Grundgesetz (Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit). Da Berufsausbildungskosten zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand des Steuerpflichtigen gehören, steht nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG dieser Aufwand nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber kann nicht ohne Weiteres diese Kosten nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben ansehen und diese nicht zum Abzug in der Einkommensteuererklärung zulassen.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Aufgabe endgültig darüber zu entscheiden, ob Erstausbildungskosten Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben darstellen. Betroffene Steuerpflichtige sollten Einkommensteuererklärungen einreichen und den Abzug als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben begehren. Bei Ablehnung durch das Finanzamt sollte Einspruch eingelegt werden und auf das anhängige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verwiesen werden, um das Ruhen des Verfahrens bis zu einer endgültigen Entscheidung zu erreichen.
Update 07.11.2019: Noch ist in dieser Angelegenheit kein Urteil gefallen.